Das Open Charge Point Protocol (OCPP) ist ein Kommunikationsprotokoll zwischen Ladestationen und einem zentralen Managementsystem (auch Backend genannt), das von Ladestationsbetreiber*innen (in Englisch „Charging station operators“) genutzt wird. Es wird besonders im Bereich des öffentlichen Ladens und beim Laden von Fuhrparks eingesetzt. Diese zentrale Steuerung von Ladestationen über ein Managementsystem ist typischerweise für die Abrechnung der Ladevorgänge und für die Überwachung der Ladepunkte zuständig. Mit der Weiterentwicklung von Ladeinfrastruktur und deren intelligenten Funktionen bietet diese Kommunikationsschnittstelle immer zahlreichere und vielfältigere Services an.
Das OCPP wird von der Open Charge Alliance (OCA) entwickelt, eine in den Niederlanden ansässige, internationale Organisation mit führenden Akteur*innen aus dem Bereich der Ladeinfrastruktur. Das Protokoll ist kostenlos und für jede*n frei verfügbar. Es hat sich zudem als Standard etabliert, was wichtige Vorteile für ihre Nutzer*innen bietet: Ladesäulenhersteller*innen und Ladestationsbetreiber*innen erhöhen ihre Interoperabilität durch die Tatsache, dass sie das gleiche Kommunikationsprotokoll implementiert haben. So sind ihre Produkte oder Lösungen mit einer signifikant höheren Anzahl an anderen Systemen kompatibel, als wenn sie proprietäre oder wenig verbreitete Kommunikationsprotokolle nutzen würden. Durch die Verwendung können auch Geld und Zeit bei der Softwareentwicklung gespart werden, weil dieser Standard zahlreiche Funktionen enthält und beschreibt, die bereits durch viele Anwender*innen getestet wurden. Darüber hinaus organisiert die OCA regelmäßig Testevents zusammen mit ihren Nutzer*innen (sog. „Plugfeste“), damit diese ihre OCPP-Implementierung gegenseitig testen können. Zudem wurde eine unabhängige Zertifizierung von OCPP 1.6 im Jahr 2019 eingeführt, um die konforme Umsetzung in einer Ladestation oder in einem Managementsystem zu belegen.
Dies erklärt bereits zum Teil, warum die OCPP-Kommunikation aktuell so erfolgreich und weit verbreitet ist.
Von Anfang an (die erste Version war 2013 bereits erhältlich) hat das OCPP wichtige Basisfunktionen unterstützt, die mit der Zeit stetig weiterentwickelt und ausgebaut wurden:
Mit Smart Charging wird die OCPP-Schnittstelle noch interessanter. Bei Smart Charging geht es darum, das Stromnetz zu schonen und das Laden kostengünstiger und umweltfreundlicher zu machen, indem die Ladeleistung über die Zeit gesteuert wird. Nachfolgend werden verschiedene Arten von Smart Charging beispielhaft beschrieben:
Eine zusätzliche Erweiterung zum Smart Charging bietet das bidirektionale Laden, bei dem Elektrofahrzeuge als Stromspeicher betrachtet werden und je nach Bedarf im Haus- oder Stromnetz geladen bzw. entladen werden können. Ihr Verhalten ist mit dem von Stationärspeichern vergleichbar.
Alle diese Arten von intelligenter Ladesteuerung lassen sich mit einem zentralen Managementsystem vernetzt und flexibel ausführen. Hier spielt die OCPP-Kommunikation eine wichtige Rolle. Zuerst braucht das Backend viele Informationen von der Ladestation vor und während des Ladevorgangs (Identifikation von Ladepunkt/Fahrzeug/Vertrag, aktueller Ladezustand, Leistungsgrenzen, mögliche Lademodi, Ladewünsche wie Abfahrtzeit und Ziel-Ladezustand, etc.), die durch die OCPP-Schnittstelle eingesammelt werden. Mit diesen Informationen kann dann das Managementsystem Ladepläne optimal und individuell berechnen und diese durch OCPP an die Ladestationen für jede Art von Smart Charging verteilen. Ein Monitoring der Ladevorgänge lässt sich auch durch OCPP realisieren, so dass eine zentrale Instanz überwachen kann, ob die Fahrzeuge erwartungsgemäß geladen werden. Wenn Abweichungen, Fehler oder unerwartete Ereignisse auftreten, kann das Backend informiert werden und ggf. geeignete Maßnahmen ergreifen. Schließlich können viele Einstellungen der Ladestation durch OCPP zentral ausgelesen und geändert werden. Somit bietet das OCPP ein umfangreiches und standardisiertes Funktionalitätspaket, das eine zentrale und intelligente Ladesteuerung unterstützt.
Das OCPP bietet etliche Vorteile für Ladesäulenhersteller*innen und Ladestationsbetreiber*innen, wie eine Interoperabilität zwischen den Akteur*innen, ein standardisiertes und erprobtes Protokoll, das Entwicklungskosten reduzieren kann, eine Kompatibilität mit wichtigen anderen Standards wie die ISO 15118, einen gesicherten Kommunikationskanal und einen breiten Funktionalitätsumfang, der sich kontinuierlich ausbaut. Deswegen hat sich das OCPP, zumindest in Europa, als wichtigster Standard für die Kommunikation zwischen Ladestationen und zentralen Managementsystemen etabliert. Sogar so gut, dass das OCPP in einen internationalen Standard (IEC 63110) überführt werden soll.
Das OCPP ist zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht für das bidirektionale Laden befähigt. Jedoch arbeitet die OCA unter anderem auch mit Inputs von der VISPIRON SYSTEMS GmbH daran, dass demnächst eine OCPP-Version das bidirektionale Laden in Verbindung mit der ISO 15118-20 ermöglichen wird.
Tabelle „Übersicht der Funktionalitäten nach OCPP-Version“