In 10 Minuten... nein nicht per Transrapid vom Münchner Hauptbahnhof zum Flughafen, wie Sie sich jetzt vielleicht denken mögen... Die gemeinten 10 Minuten haben in der CSU-Familie dieses Mal eine andere Bedeutung und die magische Zeitangabe 10 entstammt neuerdings auch nicht einer von Edmund Stoibers berühmten wirren Wortaneinanderreihungen...
Dennoch sind die "10 Minuten" wieder einmal ausschlaggebend in ihrer Reichweite. Gesprochen von Reichweite (ach welch ein Übergang) - genau darum geht's bei besagten 10 Minuten. Innerhalb dieser Zeit sollen nämlich mittels Andi Scheuers Erbe, genannt "Deutschlandnetz", künftig alle verzweifelt nach Lademöglichkeiten suchenden E-Fahrzeugnutzenden fündig werden und dank unserem bayrisch-dynamisch-energetischen Andi gar nicht mehr so fest verzweifeln. Spaß beiseite, wenn auch nicht ganz, aber erstmal - und her mit den Fakten...
Gesellschaften verändern sich, natürlich auch in Sachen Verkehr. Die Verkehrswende ist nötig und längst überfällig, das hat man ja zwischenzeitlich schon des Öfteren festgestellt. Das Bundesministerium ergreift aktuell auch ganz eifrig Maßnahmen, um den Ausstoß von Treibhausgasen zu senken. Dafür braucht man aber dringend den Umstieg auf Elektromobilität im Verkehrssektor, hat sicher auch schon jede*r ein, zwei Mal gehört. Bisher gab und gibt es (berechtigterweise) massive Zweifel daran, dass ambitionierte E-Mobilist*innen insbesondere bei längeren Strecken sicher von A nach B kommen - Stichworte hier sind Ladeinfrastruktur und Reichweitenangst. Bei genauerer Betrachtung des Ladenetzes in Deutschland ist man dann schon gar nicht mehr so ambitioniert in Bezug auf das "E-Mobilist*in-Sein"... Und überlegt sich gegebenenfalls die Anschaffung eines Elektrofahrzeugs oder die Nutzung eines solchen Vehikels lieber noch einmal genau. Problematisch zu bewältigen für reine Elektrofahrzeuge sind ja bekanntermaßen die Lang- und Mittelstrecken.
Also mangels Lademöglichkeiten doch lieber den Diesel nehmen? Um Zweifel auszuräumen, Ängste zu zerstreuen und dafür zu sorgen, dass das gute Elektro-Auto auch zwischendurch mal aufgeladen werden kann, wurde, neben der Novellierung der THG-Quote und der Bereitstellung spezifischer Förderprogramme, das Konzept des Deutschlandnetzes von klugen Köpfen im Bundesverkehrsministerium erarbeitet.
Ziel des Deutschlandnetzes ist es überall in der Bundesrepublik einfach und schnell laden zu können. Innerhalb von 10 Minuten soll wie schon gesagt eine Schnellladestation erreichbar sein, damit sich die Nutzung eines E-Autos nicht in eine ununterbrochene panische Suche nach der nächsten Stromquelle wandelt. Verfechter*innen von "Worst-Case-Szenarien" sprechen bereits von "Charge-Wars" oder "Battlestar 22Kilowattika".
Um solch finstere Zukunftsbilder zu vermeiden plante Andi Scheuer um die 900 Standorte in ganz Deutschland, die ungefähr 8800 HPC-Schnellladepunkte bereitstellen sollen. Welche Örtlichkeiten optimal wären, hat eine Bedarfsanalyse ergeben, angeblich vor dem Hintergrund einer möglichst guten Anbindung an Schnellstraßen und wichtige Verkehrsrouten. Aber auch an Landstraßen, in Städten und Randgebieten sollen, je nach Region, entsprechende Ladestationen aus dem Boden schießen wie die Schwammerl, geht es nach unserem Andreas und seinen Plänen. Mindestens den Fahrzeugklassen M1 (für die Personenbeförderung ausgelegte und gebaute Kraftfahrzeuge mit höchstens acht Sitzplätzen außer dem Fahrersitz) und N1 (für die Güterbeförderung ausgelegte und gebaute Kraftfahrzeuge mit einer zulässigen Gesamtmasse bis zu 3,5 Tonnen) soll die Nutzung des Deutschlandnetzes ermöglicht werden. Und um dieses gigantische Projekt zu realisieren, hat sich das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur gedacht: "Ach da machen wir einfach mal a paar Ausschreibungen und schaun welche Anbieter*innen sich melden." Nebenbei ist zum Thema Bepreisung auch eine fragwürdige Vorgehensweise gewählt worden: Denn maximal 44 Cent soll die Kilowattstunde kosten dürfen, geht es nach den Plänen des Bundes. Ein Schelm wer Böses dabei denkt... oder an Planwirtschaft.
Hand aufs Herz - wer von uns verwöhnten Individuen nimmt schon gerne umständlich gestaltete Leistungen in Anspruch? Nutzerfreundlichkeit ist und war daher das Gebot der Stunde - auch beim Andi im Ministerium. Um das Laden so angenehm und attraktiv wie möglich zu gestalten, müssen immer genügend Lademöglichkeiten, im Idealfall in unmittelbarer Nähe bereit stehen. Daher sollen, je nach Bedarf, die Ladestationen in unterschiedliche Größenkategorien von S-XL eingeteilt werden, sodass sie 4, 8, 10, 12 oder 16 Ladepunkte (Lademöglichkeiten) bieten. Eine digitale Listung mit aktuellem Belegungsstatus solls dann bitte auch dazu geben. Und ganz besonders freuen würden sich unser Andi und sein Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur über eine implementierte Reservierungsmöglichkeit für den gewünschten Ladepunkt. Selbstverständlich sollen die Ladestationen gescheit ausgeschildert und ausgeleuchtet sein, damit man sie halt auch gut findet und im niederbayrischen "Hinterpfuideife" (bayrische Steigerung für "Kaff") nicht versehentlich im Graben landet vor lauter Suchen. Optimal für ein gelungenes Ladeerlebnis wären dann noch eine angeschlossene Gastronomie und sanitäre Einrichtungen. Mindestens aber ist ein Dach an den Ladeorten vorgeschrieben. (Gut zu wissen, so ein Dach ist schon was richtig Schönes, vor allem wenns in "Hinterpfuideife" mal regnet...) Und wenn das "Dacherl" dann noch eine Photovoltaikanlage oben drauf hätte, dann wäre das natürlich spitzenklasse. Das mit der Photovoltaikanlage ist aber keine Grundvoraussetzung. "Sonst würds wahrscheinlich doch a bissl viel werden gell mit den Anforderungen", hat sich hierbei vermutlich unsere CSU gedacht. Bezahlen soll ebenfalls schnell und einfach möglich sein und richtig Freude machen, besonders natürlich mit der Preisobergrenze von 44 Cent pro Kilowattstunde.
Damit alle Vorhaben rund um das Deutschlandnetz auch in die Tat umgesetzt werden können, arbeitet das Bundesministerium mit Ausschreibungen für den Ausbau der Ladeinfrastruktur. Den Plänen sollen auch Taten folgen, schließlich sind wir Bayern ja dafür bekannt...
Also für wenig "Bla Bla" und stattdessen fürs Machen. Zumindest war das früher mal so. Früher im Sinne von lange bevor der gemeine Bayer die Politik für sich entdeckt hat. Deutsche Anbieter können sich auf insgesamt 23 Auftragspakete bewerben. Dabei werden ungefähr 8 Anbieter den Zuschlag erhalten, es soll schließlich fair zugehen bei der Verteilung. Ein Anbieter kann bis zu 3 Auftragspakete gewinnen. Das Bundesministerium hat zum Ziel auch kleinere Anbieter bei den Vergaben zu berücksichtigen. Maximal billig muss es diesmal übrigens nicht sein. Ein ausgewogenes Preis-Leistungsverhältnis, das soll angestrebt werden. Passt wiederum auch sehr ins bayerische Bild - der Andi will offensichtlich kein "Glump" (also keine minderwertigen Produkte), sondern was "Gscheids" (nämlich hochwertige Produkte). Das Ganze läuft bereits erfolgreich . Aktuell sind Tesla und Ionity zwei der Big Player beim Thema Standorte und Ladepunkte. Sie liegen momentan weit vorn in Sachen Umsetzung.
Der Bund hat schon vor 10 Jahren erkannt, dass ein ausschließlich marktwirtschaftlich getriebener Ladeinfrastrukturaufbau, der ganz ohne finanzielle Hilfen oder Anreize des Staates auskommt, keine Aussicht auf Erfolg bietet. Daher hat das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur den bisherigen Hochlauf mit verschiedenen Fördermaßnahmen begleitet. Dieser Ansatz alleine reicht jedoch nicht aus, um eine deutschlandweit flächendeckende Versorgung oder eine angemessene Nutzerfreundlichkeit zu gewährleisten. Nach wie vor leidet ja die Akzeptanz der Elektromobilität weiter unter der regional noch stark lückenhaften Bedarfsdeckung und bisweilen noch wenig nutzerfreundlichen Bedingungen.
Das Instrument der Ausschreibung bietet die Möglichkeit hier Fortschritte zu machen und hat sich darüber hinaus auch in einer Wirtschaftlichkeitsuntersuchung als effizient erwiesen. Genau diese Erkenntnisse haben also unseren ehemaligen "Bundesverkehrs-Andi" und sein Ministerium dazu gebracht, über öffentliche Ausschreibungen dem lang ersehnten Soll-Zustand ein Stückchen näher zu kommen. Und genau das ist es auch was von Andi Scheuer blieb. Welche Errungenschaften jetzt daraus werden, das ist halt abzuwarten, ganz getreu dem bayrischen Ausdruck: "Schau ma moi, dann seng mas scho."